Pünktlich zum 1.12.2014 ging für die ARONA das „Türchen“ zum Winterlager in Langenort auf. Den Dezember über brauchten Crew und Boot, wie bei jeder guten Ehe, erst einmal etwas Abstand von einander. Aber spätestens beim Verfassen dieses Artikels kribbelte es schon wieder in den Fingern, d.h. im Januar geht es weiter mit der fortlaufenden Restaurierung.
Rückblick: Nach der Überführung aus Schweden im Winter 2013 lag das Hauptaugenmerk zunächst auf der Erhaltung der Grundsubstanz und Instandsetzung aller sicherheitsrelevanten Komponenten (Unterwasserschiff, Motor, Elektoronik/Beleuchtung) für die erste Saison in heimischen Gewässern. Zudem wurden erste Schönheitsoperationen durchgeführt, damit die Dame im neuen Hafen gleich voll zur Geltung kommen konnte. Von Januar bis Mai 2014 wurde dann in professioneller Umgebung richtig Hand angelegt und das gesamte Oberdeck erneuert, die komplette Außenhaut und Cockpit vom alten Benarlack befreit und neu lackiert, die Bordelektronik ausgetauscht, sowie das Unterschiff der jährlichen Instandhaltung unterzogen. Dabei traten mehrfach, teils unschöne Überraschungen zutage, deren Beseitigung den ursprünglichen Plan, Mitte Mai zurück auf dem Wasser zu sein, mehrmals gefährdete. Mit fachmännischer Unterstützung und einigen schlaflosen Nächten konnten jedoch alle Untiefen im Holzbootbau umschifft werden.
Insgesamt kamen so über 1.500 Arbeitsstunden zusammen. Mit dem Abstand von einem Jahr fragt man sich, was so lange gedauert hat. Spätestens dann sind die ca. 2.000 Fotos, die während dieser Zeit entstanden sind, von Vorteil. Die folgende „kleine“ Auswahl an Aufnahmen soll beispielhaft die Aufwände verdeutlichen und Höhe- wie Tiefpunkte aufzeigen. Im Laufe des Winters möchten wir dann an gleicher Stelle detaillierter über unsere Erfahrungen mit unserer alten C.G. Pettersson berichten.
Eine Erkenntnis vorab: das Schöne am Holzbootbau ist, dass man schnell merkt mit etwas Übung fast alles selber realisieren zu können. Der Lerneffekt ist ungemein hoch und man wird nach kurzer Zeit zum Experten, zumindest für das eigene Boot.
CHAPTER I – DIE …-ARBEIT
Die erste Übung bestand darin die komplette Außenhaut sowie das Cockpit vom alten Benarlack zu befreien. Dieser, ob seiner leichten Verarbeitbarkeit gerne vor allem in Schweden verarbeitete Lack erwies sich zu unserem Leidwesen beim Entfernen als äußerst hartnäckig.
Neben der ständigen Suche nach der optimalen, d.h. möglichst bequemen Arbeitshaltung, lag die Herausforderung zunächst darin, Bekleidung mit ausgewogenen thermoisolierenden Eigenschaften zu finden. Die winterlichen Temperaturen in der Halle auf der einen Seite und körperlich anstrengenden Tätigkeiten auf der anderen machte dies zu einer verzwickten, letztlich aber entscheidenen Problematik.
…der einfache Blaumann mit diversen Unterschichten erwies sich dabei als ideale Lösung, die dem Ganzen zudem ein modisch einwandfreien und vor allem professionen Touch gab. Noch wichtiger und in einem separaten Blogbeitrag zu konkretisieren ist jedoch das richtige Werkzeug…
…hier wird jeder, der sich ernsthaft mit der Materie beschäftigt, seine persönlichen Favoriten haben. Wir haben viel experimentiert und sowohl Marken- als auch Discountware genutzt. Absolutes Herzstück und uneingeschränkt weiterzuemfehlen war jedoch unser Industriesauger von Kärcher (im Werkstattjargon „Gina“ genannt).
…und Schleifen. Nebenbei: Fotoshooting.
CHAPTER II – REFIT DES VORSCHIFF / BACKDECK
Neben der undankbaren Quälerei des Lackabziehens, ging es bald an die ersten Feinarbeiten. Beim Vordeck sollte zunächst ein langer Riss auf der Backbordseite so abgedichtet werden, dass von der Reparatur im Nachhinein möglichst wenig zu sehen ist. Dies sollte auch wunderbar klappen, jedoch wurde im Prozess deutlich, dass auch die weiße, auf den ersten Blick noch intakte Vorderdeckverkleidung komplett erneuert werden muss…
Erster Teil der Übung – sauberes Aussägen des Risses (ohne das Werkzeug zu ruinieren)…
…dann Anpassen der Füllleiste und sauberes Verkleben mit Harz. Anschließend abhobeln. Verschleifen. Fertig. So kann es weitergehen!
CHAPTER III – DIE ÜBERRASCHUNGEN
Um es gleich vorweg zu nehmen – es ging (leider) nicht so weiter. Bereits das dritte Arbeitspaket, das Achterdeck, sollte zu einer größeren Baustelle werden. Anstatt lediglich eine angegammelte Leiste des Schandecks auszutauschen, erwies sich die darunter liegende Struktur als erste negative Überraschung.
…zwischendurch: „Schleifen, Schleifen, Schleifen!“
…und weil es so „schön“ war, das Gleiche noch einmal auf der Steuerbordseite.
…parallel heißt es weiterhin: „Schleifen, Schleifen, Schleifen!“
Schönes, aber leider zeitraubenes Schraubzwingenensemble am sogenannten Pettersson-Auge.
Inzwischen wird bis in die Nacht hinein geschliffen. Dabei kommen, im historischen Bootsbau scheinbar unvermeidlicht, immer wieder neue Überraschungen zu Tage.
Ärgerlich wird es als beim finalen Anschleifen vorm Lackieren eine morsche Teak-Stelle im sichtbaren Backbordbereich entdeckt wird.
…Gott sei Dank ist man inzwischen Kummer gewohnt und hat einen Profi für schwierige Fälle im Team. Fräsen. Morschen Spant austauschen. „Deckel“ zusägen und verkleben. Alles kein Problem, wenn nicht in wenigen Wochen „Stapellauf“ wäre.
Zwischenstand (Anfang April 2014)
CHAPTER IV – DAS LACKIEREN KANN BEGINNEN
Nächte-, nein tage- , eigentlich wochenlang haben wir verschiedene Alternativen abgewogen: Benar vs. Einkomponentenlack vs. Zweikomponentenlack vs. Beizen oder auch nicht. Nach Monaten des Abkratzens, auch noch des letzten Restes alten Lacks, keine leichte Entscheidung. Die unzähligen Kombinationen mit ihren Vor- und Nachteilen richtig abzuwägen schien beinahe unmöglich. Was die Sache nicht gerade erleichterte, war, egal wen man fragt, jeder hat eine andere (fachmännische) Meinung zum Thema. Eine einfache Abstimmung unter vertrauenswürdigen Profis schied damit aus. Letztendlich mussten wir selber entscheiden und haben (aus unserer Sicht) eine Punktlandung geschafft.
Ob Anfängerglück oder Glück des Tüchtigen, nach ewigem Hin-und-Her war klar, dass ob der zu erwartenden Optik auf Bootslack statt auf Benar zurückgegriffen wird. Deutlich schwieriger war dann das strittige Thema Beizen. Die Vor- und Nachteile hier zu diskutieren, würde den Rahmen sprengen. Zu guter Letzt sind wir froh, es nicht gemacht zu haben. Klar bleicht vor allem das Mahagonie nach, was in unserem Fall dazu führt, dass sich Mahagoniedeck und Lärchenplanken im Farbton zunehmend aneinander anpassen.
…schnell weicht die Anspannung der Euphorie. Die Talsohle ist durchschritten. Ab jetzt geht es aufwärts…Bootsbauerhigh!
Langsam bekommt die Sache Glanz…
Nach 5-7 Schichten Lack mit zweimaligem Anschleifen dazwischen leuchtet das Mahagonie wie neu.
CHAPTER V – EINMAL VORDERDECK NEU
Stolz! Nach siebenfachem Verfüllen fehlen jedoch noch zwei Schichten Final Coat.
CHAPTER VI – ENDSPURT
Neben dem Lackieren galt es neue Fensterscheiben zu installieren, Fußbodenbretter provisorisch aufzuarbeiten und alle Kleinteile wieder zurück an ihren Ursprungsort zu montieren. Neben diesen offensichtlichen Baustellen gab es eine Reihe von Aufgaben, die dem Betrachter normalerweise im Verborgenen bleiben. So wurde beispielsweise das irgendwie sympathische, aber undurchsichtige Kabelwirrwahr der Schweden aufgelöst und komplett durch eine zeitgemäße Bordelektronik ersetzt.
Gereinigte Bilge vor zweimaliger Behandlung mit Terpentin.
Die neuen Scheiben sind da. Gut, wenn man dann auch noch Freunde mit Durchblick hat.
Mitternächtliche Pause verbunden mit einem Belastungstest des finalen Heck-Coat.
…manchmal schwer den Durchblick zu bewahren.
Zum Schluß die nervenaufreibende Preisfrage: wo genau der Wasserpass war.
Zuletzt neue Farbe bzw. Antifouling für das Unterwasserschiff.
FINALE – PUNKTLANDUNG
Nach sechs Monaten Winterlager, einen Tag vor der Saisoneröffnung am 14.5.2014 war es dann soweit und die „neue“ ARONA durfte zurück ins feuchte Element.
Auf diesem Weg noch einmal vielen Dank an unsere Freunde und Familien, ohne deren Unterstützung dieses Projekt nicht zu realisieren wäre bzw. ist. Aber auch den unzähligen Ratgebern, Sachspendern, fleissigen Händen, Maschinenleihern und Kuchenboten gilt unser Dank.
Allerletzte* Schönheitskorrekturen noch an der Kaikante der Tamsen Werft.
*AUSBLICK WINTER 2015
Natürlich ist man mit so einem Projekt nie ganz fertig – einen echten Abschluß der Arbeiten wird es in absehbarer Zeit nicht geben.
Schon in den nächsten Wochen geht es mit dem dritten Teil der Restaurierung weiter. Der Fokus wird diesen Winter auf dem Innenbereich des Bootes liegen. Die alten Fußbodenbretter müssen dringend ausgetauscht und die Kajüte aufgearbeitet werden. Außerdem steht die Überholung des Herzstücks von ARONA an, dem 21PS starken Albin O41 Motor aus dem Jahr 1954. Vielleicht muss sogar ein neues Herz her. Dazu kommen garantiert wieder einige Überraschungen.
Es bleibt also weiterhin spannend!
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